2007-05 Interview mit Matthias von Stegmann
Das Interview mit Matthias von Stegmann wurde im Mai 2007 vom springfield-shopper.de geführt.
Vorwort
Dem Springfield-Shopper ist es als erste Simpsons-Fanpage gelungen ein Interview mit dem neuen deutschen Synchronregisseur Matthias von Stegmann im Mai 2007 zu organisieren.
Matthias von Stegmann ist auch für die Übersetzung der englischen originalen Folgen in die deutsche Sprache zuständig. Er übernahm nach dem Tod von Ivar Combrinck im September 2006 die Arbeit.
Im Shopper-Interviews erhaltet ihr einen Einblick in das Leben des deutschen Synchronregisseurs der Simpsons. Herr von Stegmann hat sich sehr viel Mühe gegeben und ausführlich geantwortet, wofür wir ihm sehr dankbar sind. Außerdem hat er die Gelegenheit genutzt, um endlich mal ein paar Dinge, die in der Fan-Szene oftmals falsch interpretiert wurden sind, richtig zu stellen.
Inhalt
Springfield-Shopper.de:
- Sehr geehrter Herr von Stegmann,
es freut uns außerordentlich, und wir fühlen uns sehr geehrt, dass wir die Möglichkeit haben mit Ihnen ein Interview durchführen zu können.
Wir haben Ihnen ein paar Fragen zusammengestellt, die zum Teil von uns Betreibern der Fanpage kommen und zum Teil von unseren Besuchern, denen wir im Vorfeld die Gelegenheit gegeben haben uns Fragen vorzuschlagen, die wir Ihnen stellen können. Der Zuspruch war sehr gut, und es wurde in der Fanszene sehr begrüßt, dass Sie für das Interview bereit stehen.
Matthias von Stegmann:
- [...] Vielen Dank für Ihr Interesse. Ich habe versucht möglichst umfassende Antworten zu geben und da ich zur Zeit recht viel um die Ohren habe, hat es leider etwas länger gedauert. [...] Ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht in die dunkle Welt des Synchrons bringen und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrer sehr lesenswerten Seite!
Mit freundlichen Grüßen
Matthias von Stegmann
Springfield-Shopper.de:
- Erzählen Sie ein bisschen von sich, wie sind Sie zu ihrem Beruf gekommen, und an welchen Projekten arbeiten Sie außer den Simpsons?
Matthias von Stegmann:
- Tja, wo soll ich da anfangen? Meine Synchronkarriere habe ich im Alter von 10 Jahren als "Kindersprecher" begonnen. Neben der Schule habe ich viel synchronisiert und war unter anderem in Serien wie „Unsere kleine Farm“ und „Die Bären sind los“ zu hören. Das allerdings war in grauer Vorzeit und im letzten Jahrhundert, in dem ich dann auch mit 19 Jahren mein erstes Synchrondrehbuch geschrieben und mit 20 meine erste Synchronregie geführt habe. Das war 1988.
Wer nicht rechnen möchte, ich werde dieses Jahr 39. Seitdem habe ich bei vielen Serien als Autor und Regisseur mitgewirkt. Unter anderem waren das „Cheers“, „Becker“, „Die Abenteuer des jungen lndiana Jones“, „Die Nanny“, „Hör mal, wer da hämmert“, „Clueles“, „Mega Man“, „Die wilden 70er“ und „Boston Legal“. Außerdem bin ich seit der 4. Staffel, bzw. seit Folge 322 verantwortlich für die deutsche Fassung der Serie „Family Guy“. Zu den wichtigsten Kinofilmen, die ich synchronisiert habe, gehören unter anderem „The Sixth Sense“, „Eine Nacht bei McCool's“, „Heartbreakers“, „Wild Things“, „Mr. Bones“, „The Cooler“, „Das Phantom der Oper“ und natürlich „Die Simpsons - Der Film“ ;)
Darüber hinaus bin ich als Opernregisseur tätig. Als Regieassistent habe ich 15 Jahre bei den Bayreuther Festspielen mitgewirkt, einige Neuproduktionen und Wiederaufnahmen am Royal Opera House of Covent Garden in London begleitet und in viel und oft in meinem Stammhaus am New National Theatre Tokyo gearbeitet. (Da meine Mutter Japanerin ist, habe ich eine enge Verbindung zum fernen Osten) Dort habe ich auch mein Debüt als Regisseur gegeben, mit dem „fliegenden Holländer“ von Richard Wagner und inszeniere dort nächstes Jahr den „Freischütz“ von Weber". Eine von mir konzipierte Kinderoper nach Richard Wagners „Ringu“ werde ich Ende des Jahres an der Wiener Staatsoper inszenieren. Nebenbei stehe ich auch manchmal auf der Bühne, zum Beispiel als „Bassa Selim“ in Mozarts „Entführung aus dem Serail“ an der Metropolitan Opera in New York (das nächste Mal im Mai 2008).
Springfield-Shopper.de:
- Was haben Sie als erstes gedacht, als Sie erfahren haben, dass Sie nun die Simpsons bearbeiten dürfen?
Matthias von Stegmann:
- Mein erster Gedanke war sicherlich „Soll ich oder soll ich nicht?“ Nicht aus mangelndem Interesse, sondern weil ich (wie man oben nachlesen kann) sehr viel beschäftigt bin und mir von Anfang an klar war, dass die Bearbeitung dieser Serie mit großer Sorgfalt durchgeführt werden muss und somit auch mit hohem Zeitaufwand verbunden ist. Mein zweiter Gedanke war dann aber „Mann, sei nicht blöd, das sind die Simpsons, eine der wenigen echten Topserien, die es gibt, so ein Angebot kommt nicht oft, das kannst Du auf keinen Fall ablehnen“, und so war es ja dann auch.
Springfield-Shopper.de:
- Haben Sie auch vor ihrer Arbeit als Synchronregisseur die Simpsons geschaut? Mussten Sie sich groß über die Simpsons Vergangenheit informieren? Wie schwer ist es, besonders in einer so altbewährten "Maschinerie" neu einzusteigen?
Matthias von Stegmann:
- Ich war sicher kein Hardcore-Fan, der sich jede Folge reingezogen hat, aber natürlich hatte ich die Simpsons häufig gesehen. Auch oft im Ausland im englischen Original. Die Simpsons-Vergangenheit ist ein großes Feld, über das man sich nicht umfassend genug informieren kann. Ich habe viel im Internet gestöbert, sowohl auf den amerikanischen als auch auf den deutschen Seiten und habe mir vom Sender die letzten Seasons komplett auf Deutsch zukommen lassen, um mich angemessen vorzubereiten und einzuarbeiten. Darüber hinaus habe ich natürlich viele Gespräche mit den anderen Mitgliedern unseres Teams geführt, die die Serie zum Teil schon sehr lange begleiten.
In eine Serie einzusteigen, die seit 17 Jahren existiert, ist selbstverständlich eine unglaublich schwierige Aufgabe. Zum Glück kenne ich alle Beteiligten im Team wie die Schauspieler, den Tonmeister und die Cutter bereits von anderen Produktionen und man hat mich sehr herzlich in den Kreis der "Familie" aufgenommen und mir von allen Seiten (inklusive der Produktionsfirma Arena Synchron und des Senders Pro7) die größtmögliche Hilfestellung geleistet. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder während des Schreibens und im Atelier Momente, in denen ich gern mehr über die Vergangenheit unserer gelben Freunde aus Springfield wüsste, aber man lernt nie aus und ich fühle mich schon recht zu Hause. Was ich nicht weiß oder noch falsch mache, wird mir sicher bald irgendwo in irgendeinem Forum um die Ohren fliegen …
Springfield-Shopper.de:
- Wieviel Zeit benötigen Sie, um eine Folge ins Deutsche zu übersetzen, und wie gehen Sie dabei vor?
Matthias von Stegmann:
- Das hängt sehr von der Folge ab. Es gibt für mich leichtere und schwierigere Folgen, je nachdem, wie die Dinge (z.B. Wortspiele, amerikaspezifische Anspielungen, die hier nicht verstanden werden, usw.) ins Deutsche übertragbar sind. Ich würde mal grob sagen, um die 3 Tage pro Folge. Der Arbeitsprozess ist folgender: Ich sehe mir die Folge im Original an (manchmal auch zweimal) und lese parallel dazu die so genannte Continuity (das ist das Original- Dialogbuch, in dem auch viele Anspielungen erklärt werden.) Das schwierige am Dialogbuch ist nicht das Englisch des Originals, denn das spreche ich wie ein Muttersprachler. Aber in den Simpsons sind bekanntlich viele Anspielungen auf typisch amerikanische Dinge und Tagesaktualität in den USA versteckt. Deswegen informiere ich mich auf den diversen amerikanischen Internetseiten genauer über die Folge, um rauszufinden, was noch so an Details existiert, die ich vielleicht übersehen oder nicht verstanden habe. Darauf folgt eine umfassende Internetrecherche z.B. zu aktuellen Themen in den USA, auf die in der Folge Bezug genommen wird. Und dann lege ich los. Ich schreibe die Folge einmal in einer ersten Fassung komplett runter (natürlich Satz für Satz mit Bild, damit es auch lippensynchron wird). Besonders knifflige Stellen lasse ich dabei zunächst aus. Diese kommen dann im zweiten Arbeitsgang dran, bei dem das komplette Buch noch mal mit Bild gegengecheckt wird und die fehlenden Stellen gelöst werden. Manchmal steht am Ende dieses Prozesses immer noch das ein oder andere Fragezeichen, z. B. wenn es ein besonders schwieriges Wortspiel ist.
Dann mache ich mich an die nächste Folge und lasse das Problem ruhen. Die besten Ideen kommen einem, wenn das Problem ein paar Tage im Hinterkopf "schlummert". Danach geht das fertige Buch dann an die Redaktion von Pro7.
Springfield-Shopper.de:
- Ihr Vorgänger lvar Combrinck wurde oft stark für seine Synchronisationsarbeit kritisiert. In wie weit haben Sie sich mit seiner Arbeit auseinander gesetzt? Sehen Sie selbst Verbesserungsbedarf? Wo werden die Unterschiede zwischen der Arbeit von lvar Combrinck und ihnen liegen?
Matthias von Stegmann:
- Dass es Kritik gab, ist mir bekannt. Bei den Simpsons handelt sich es um ein sehr exponiertes Projekt mit einer großen Fangemeinde. Dass eine solche Arbeit kritischer beurteilt wird als andere Projekte, ist völlig normal. Es steht mir nicht zu, ein Urteil über die Arbeit von Herrn Combrinck zu fällen. Die Beliebtheit der Serie auch im deutschen Fernsehen zeigt aber, dass er seinen Job so schlecht nicht gemacht haben kann.
Mein Blick ist nach vorne gerichtet und ich werde versuchen, eine möglichst gute, sowohl dem Original als auch dem deutschen Sprachraum gerecht werdende Fassung zu erstellen, in der die deutschen Stimmen mit ihrer gewohnten Spielfreude weiter agieren werden.
Die Unterschiede zwischen meiner Arbeit und der meines Vorgängers sollten nicht zu offensichtlich sein, da man natürlich auf die Wahrung der Kontinuität achten muss.
Allerdings vertrete ich vielleicht eine etwas modernere Philosophie als die, die damals herrschte, als die Simpsons zuerst ins deutsche Fernsehen kamen. So denke ich doch, dass heutzutage der "American Way of Life", der in den Simpsons so herrlich subversiv auf die Schippe genommen wird, auch in Deutschland besser bekannt ist als damals.
Und auch die deutsche Sprache hat sich in den letzten 17 Jahren verändert und ist in vielerlei Hinsicht englischer geworden. Deswegen werde ich nicht versuchen, alles "auf Teufel komm raus" einzudeutschen, sondern Dinge aus dem Amerikanischen übernehmen, von denen ich annehmen kann, dass sie von einem Großteil des deutschen Publikums verstanden werden. Manchmal muss man wahrscheinlich auch einen Gag übernehmen, den nicht alle begreifen, weil die, die ihn verstehen, dafür größere Freude an ihm haben. Aber das ist natürlich eine Entscheidung, die von Fall zu Fall neu getroffen werden muss und einiges bleibt nicht übertragbar und muss umformuliert werden.
Springfield-Shopper.de:
- Welchen Einfluss hat und übt Pro7 auf die Synchronisationsarbeit?
Matthias von Stegmann:
- "Die Simpsons" ist eine der wichtigen Serien von Pro7 und dementsprechend intensiv kümmert sich Pro7 auch um die Serie. Es gibt einen hauptverantwortlichen Redakteur beim Sender, mit dem ich sehr gut und sehr eng zusammenarbeite. Er hat jedes meiner Dialogbücher auf dem Tisch, bevor es ins Studio geht und unterbreitet mir seine Änderungswünsche und -vorschläge. Außerdem kennt er die Serie bestens, da er sie schon lange betreut und kann mir auch bei so manchen Fragen helfen. Bei den Besetzungen von neuen Figuren sprechen wir uns genauso ab, wie bei textlichen Dingen und er hält immer Rücksprache mit dem Sender. Pro7 ist also vollständig in den Entstehungsprozess der deutschen Fassung eingebunden und unterstützt unsere Entscheidungen bzw. hat das letzte Wort.
Springfield-Shopper.de:
- Wie kam es zur Entscheidung, dass Angelika Bender nach zwei Einsätzen als Stimme von Marge Simpson doch nicht die neue Synchronstimme wurde, stattdessen jetzt nur Patty und Selma synchronisiert?
Matthias von Stegmann:
- Aus technischen Gründen mussten 2 Sätze von Frau Volkmann nachaufgenommen werden, die sie nicht mehr selber synchronisieren konnte. Da die Folgen, in denen diese Sätze vorkamen, bereits einen Sendetermin hatten, musste dies relativ schnell geschehen und das war zu einem Zeitpunkt, an dem das Casting, was bei einer solchen Rolle extrem umfangreich war, noch nicht abgeschlossen war. Frau Bender war damals eine der Favoritinnen auf die Rolle und da sie recht nahe an Frau Volkmann herankam, hat sie diese Aufgabe übernommen. Dass sie immer noch Patty und Selma spricht, hat einen ganz einfachen Grund: Es gab für diese beiden Rollen keine bessere als sie.
Springfield-Shopper.de:
- Könnten Sie uns etwas mehr über das Casting zur neuen Marge Simpson erzählen? Gab es andere bekannte Kandidatinnen? Man hörte zum Beispiel Nina Hagen war auch im Gespräch. Wie groß war der Einfluss von Pro7 bei der Auswahl?
Matthias von Stegmann:
- Das Casting fand zu großen Teilen "vor meiner Zeit" statt und wurde noch unter Herrn Combrinck durchgeführt. Als ich die Serie dann übernahm (das war z. B. nach den oben erwähnten Nachaufnahmen), lief das Casting immer noch, weil man der Ansicht war, noch nicht die endgültige ideale Lösung gefunden zu haben. Da die Entscheidung nun getroffen ist, wäre es nicht sinnvoll, weitere Namen von Kandidatinnen (bekannt oder unbekannt) zu nennen. Zur Personalie Nina Hagen weiß ich nur Folgendes: Ja, sie war im Gespräch, zumal sie wohl selber auch Interesse an der Rolle geäußert haben soll.
Die Synchronfirma und Pro7 haben mehrfach Kontakt mit ihr bzw. ihrer Agentur aufgenommen, aber es kam nie zu einem Casting, weil die Agentur von Frau Hagen letztendlich von sich aus abgesagt hat.
Der Einfluss von Pro7 bei der Wahl der neuen Stimme war maßgeblich. Auch bei anderen Serien spricht der Sender mit, wenn es um Hauptrollenbesetzungen geht und in diesem Fall war es selbstverständlich von besonders hoher Wichtigkeit. Alle gecasteten Stimmen wurden zu Pro7 geschickt und dort wurde dann die Entscheidung für Anke Engelke getroffen.
Springfield-Shopper.de:
- Wie kommt es, dass ab und zu die Original Stimmen beibehalten werden, wenn Personen lachen oder weinen?
Matthias von Stegmann:
- Das kann sowohl technische als auch künstlerische Gründe haben. Es gibt ein sogenanntes IT-Band. Das ist eine Tonspur auf dem alle Geräusche, Atmosphären, Soundeffekte und Musiken angeliefert werden und die dann mit den im Studio aufgenommenen Stimmen zusammengemischt wird. Manchmal ist auf dem IT-Band bereits ein Laut, ein Lachen oder ein Weinen enthalten, weil die Amerikaner beschlossen haben, es mit aufzuspielen. Das IT-Band an dieser Stelle dann stumm zu schalten ist oftmals nicht möglich, weil jeder darunterliegende Effekt oder auch Musik verschwinden würde.
Manchmal gibt es aber auch Dinge, in denen das Original uns einfach überlegen ist, weil ein Laut oder ein Lachen oder ein Weinen vom Originalsprecher so brilliant gestaltet wurde, das man es gern in der deutschen Fassung behalten würde. Wenn man das Gefühl hat, der Originalsound an dieser Stelle ist es wert in Kauf zu nehmen, dass der ein oder andere Hardcore-Fan aufhorcht und sagt, ,,Moment, das war jetzt aber Original", übernimmt man ihn.
Springfield-Shopper.de:
- Unter ihrem Vorgänger gab es oft ein Vogelgezwitscher im Hintergrund zu hören, auch in völlig unpassenden Szenen. Wissen Sie, was es damit auf sich hatte?
Matthias von Stegmann:
- Von der ,,Vogelgezwitscher"-Problematik habe ich persönlich zuerst aus dem lnternet erfahren. Mir war gänzlich unbewusst, dass diese ornithologische Besonderheit existiert. Also habe ich mal Rücksprache mit dem verantwortlichen Mischtonmeister und der verantwortlichen Cutterin genommen. Und siehe da, das Problem ist auch dort bekannt. Jetzt muss ich technisch etwas ausholen: Die Geräusche und Musiken aus der amerikanischen Fassung kann man ja nicht direkt übernehmen, weil dort die Originalstimmen darüber liegen. Also wird das von mir oben beschriebene IT-Band als Geräusch-, Musik- und Hintergrundatmosphären-band komplett neu von den Amerikanern angefertigt und für die Synchronisation mitgeliefert. Die sich darauf befindlichen Töne unterscheiden sich zum Teil leider von der Originalfassung. Auf einigen der IT-Bänder haben die Amerikaner in einigen Szenen besagtes Gezwitscher aufgespielt, wohl um eine natürliche Außenatmosphäre zu schaffen. Vielleicht war dort im Tonstudio auch ein Praktikant, der Spatzen-, Amsel oder Meisenfan ist, mit der Aufgabe betraut. Dieses Gezwitscher in der deutschen Fassung zu eliminieren ist technisch nicht so einfach möglich. Wenn man es leiser dreht, werden damit auch alle Geräusche und Musiken leiser und das klingt noch blöder. An Eurer Fragestellung ,,unter Ihrem Vorgänger" lese ich ab, dass für dieses Problem in der Fanszene offensichtlich lvar Combrinck verantwortlich gemacht wurde. Dem ist aber keineswegs so, es war keine Entscheidung der deutschen Macher, sondern das von den Amerikanern hergestellte IT-Band für die internationalen Fassungen zwitschert hier ganz von selbst vor sich hin. Da dies wie gesagt extra hergestellt wird, ist auch logisch, dass das Gezwitscher in der Originalfassung nicht zu hören ist. Vielleicht kann ein findiger Fan ja mal rauskriegen, ob die Vögel z. B. bei den Franzosen auch so lärmen, die müssten ja dasselbe IT-Band haben wie wir.
Ich werde vor der nächsten Staffel mit meinem Mischtonmeister beraten, wie wir die störenden Piepmätze noch besser drosseln können, falls sie wieder ins Studio flattern, zur Not auch mit der Schrotflinte. ;)
Springfield-Shopper.de:
- In der 17. Staffel gab es mit Christoph Maria Herbst einen Gaststar in der deutschen Synchronisation. Können Sie sich vorstellen, in Zukunft weitere Gaststars in die deutsche Synchro einzuladen?
Matthias von Stegmann:
- Absolut. Die Idee mit C.M. Herbst entstand ja dadurch, dass „Stromberg“ die deutsche Version von „The Office“ ist, einer sehr beliebte Serie der BBC. Der Hauptdarsteller Ricky Gervais hat nicht nur die von C.M. Herbst synchronisierte Rolle im Original gesprochen, sondern auch diese Folge geschrieben. Wenn es also in Zukunft wieder einen Anlass gibt, bei dem sich ein deutscher Star so anbietet, werden wir wieder versuchen, ihn oder auch sie vor das Mikro zu bekommen. Vorausgesetzt man hat jemanden, der den Beruf des Schauspielers und Synchronsprechers auch so gut beherrscht wie C.M. Herbst. Stars nur um ihres Starseins willen zu besetzen halte ich für falsch, wenn die Synchronisation darunter leidet. Und bevor jetzt irgendjemand aus der Ecke "Engelke" ruft, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass auch sie mit größter Bescheidenheit, Professionalität und hohem Respekt und Können an diese Aufgabe herangeht und die Arbeit mit ihr eine große Freude ist.
Springfield-Shopper.de:
- Besondere Authentizität erreichte die deutsche Fassung der Folge „Die Akte Springfield“, in denen die Sprecher Benjamin Völz und Franziska Pigulla ihre Akte-X-Rollen – Mulder und – Scully sprechen durften. In der kommenden 18. Staffel wird der Schauspieler Kiefer Sutherland zwei Gastauftritte haben, einmal auch als seine wahrscheinlich bekannteste Rolle „Jack Bauer“ aus der Serie „24“. Da seine deutsche Stimme (Tobias Meister) bei den Fans einen ähnlichen Kultstatus genießt, wie Sutherlands markante "eigene" Stimme, halten Sie es für möglich, ihn für Sutherlands Rollen zu besetzen?
Matthias von Stegmann:
- Selbstverständlich halte ich es für möglich. Natürlich müssen wir immer versuchen, die festen deutschen Stimmen für prominente Schauspieler zu bekommen, vor allem wenn die Simpsons sich mit Serien oder Filmen auseinandersetzen, die bei uns bekannt sind.
So hatten wir zum Beispiel in der letzten Staffel unter anderem auch Jan Odle als Will Smith (für einen einzigen Satz in einer MIB II - Parodie) im Studio. Wenn es mal nicht klappen sollte, liegt es in den seltensten Fällen daran, dass wir "Synchrondeppen" wie wir in manchem Forum so liebevoll genannt werden "mal wieder gepennt" haben, sondern meistens klappt es aus logistischen bzw. terminlichen Gründen nicht. Das gilt übrigens auch für kleinere Nebenrollen, an deren manchmal wechselnder Besetzung oft von Fan-Seite Kritik geübt wird. Man darf nicht vergessen, dass die Serie seit vielen Jahren läuft, und die Lebensumstände mancher Sprecher haben sich so verändert, dass sie eben nicht immer verfügbar sind. Wenn z. B. jemand mittlerweile hauptsächlich in Amerika lebt, kann man ihn nicht für einen Satz einfliegen, sondern muss hoffen, dass er gerade im Lande ist, wenn die Aufnahmen stattfinden. Sonst muss umbesetzt werden, was wir genau so ungern tun, wie es von Euch gehört wird.
Jedenfalls wird die Tatsache, dass Tobias Meister Kiefer Sutherland spricht, ihm voraussichtlich einen netten Tag in München oder mir einen ebensolchen in Berlin verschaffen.
Springfield-Shopper.de:
- Dominik Auer, der Regisseur der deutschen Synchronfassung von „South Park“, hat sich in einem befreundeten South Park Forum angemeldet, und dort eine kleine Zusammenarbeit mit den Fans aufgebaut, um sie nicht zu enttäuschen, da die Synchronfassung der Serie unter der Leitung Auers Vorgänger nicht sonderlich beliebt war. Könnten Sie sich eine ähnliche Zusammenarbeit mit Fans vorstellen?
Matthias von Stegmann:
- Hmm, schwierige Frage, wie beantworte ich sie, ohne gleich als arroganter Idiot dazustehen? Ich versuche mal auszuführen, warum ich einer solchen Zusammenarbeit skeptisch gegenüberstehe: Eines der Hauptprobleme ist die Meinungsvielfalt, die bei den Fans herrscht. Wenn man sich ein wenig in die Foren hineinliest, stellt man fest, dass fast jedes Thema kontrovers behandelt wird und sich die Fans selber oft nicht einig sind. Was der eine gut findet, findet der andere schlecht. Und das ist auch richtig und normal so. Aber auf wen sollte ich dann hören? Auf den, der die meisten Beiträge hat? Auf den, der mir positiv gegenübersteht und ich mich deswegen gebauchpinselt fühle? Auf den, der mich massiv kritisiert, weil ich will, dass die Kritik abnimmt? Oder vielleicht auf den, dessen Meinung mir vielleicht gerade in den Kram passt, weil es zufällig auch meine ist?
Das Board des Springfield Shoppers hat, soweit ich weiß, knapp 3000 registrierte Mitglieder. Das macht Euch bestimmt (neben maggied.de) zu einer der größten und wichtigsten deutschen Fan-Communities im Netz. Sollte ich andere wichtige Seiten vergessen haben, nehmt es mir nicht übel, so gut kenne ich mich in der Fanszene nicht aus. Wie viele dieser 3000 Fans wirklich regelmäßig schreiben, kann ich nicht beurteilen. Demgegenüber steht eine Quote von im Schnitt 1 Million Zuschauer. Was ist mit denen und deren Meinung? Haben die kein Recht auf Beachtung, nur weil sie nicht im Internet schreiben? Und wie vermeide ich, dass ein anderes Forum plötzlich sauer wird, weil ich mich dort nicht äußere oder einzelne Fans das Gefühl bekommen, andere Meinungen werden bevorzugt? Das alles soll aber nicht heißen, dass mir die Fans (ob sie im Internet schreiben oder nicht) egal sind. Das wäre arrogant und dumm. Ohne Zuschauer gäbe es kein Fernsehen und wir hätten keine Arbeit. Ich weiß, dass die Simpsons für viele von Euch eine Herzensangelegenheit sind und das ist nicht zu unterschätzen. Und auch die Meinung der Fans interessiert mich, wobei es aus oben genannten Gründen eben nicht so weit gehen kann, dass die Fans "ihre Serie" interaktiv mitgestalten. Unser Team hat die Aufgabe, so gut wie möglich zu synchronisieren und Entscheidungen zu treffen. An Euch liegt es dann, über uns herzufallen oder uns zu loben, was mich zur nächsten Frage bringt:
Springfield-Shopper.de:
- Haben Sie sich nach den Ausstrahlungen schon einmal Feedback aus verschiedenen Simpsons Foren geholt?
Matthias von Stegmann:
- Auch wenn ich mich nicht täglich einlogge, um alles bis ins Letzte zu studieren, habe ich aus Neugierde natürlich schon mal reingelesen, was da so geschrieben wird. Jeden Beitrag über die von mir bearbeiteten Folgen habe ich sicher nicht mitbekommen, da mir dazu einfach die Zeit fehlt. Es ist sehr interessant, was manchen Leuten so auffällt.
In einem Forum bin ich sogar auf etwas aufmerksam gemacht worden, das mir so nicht bewusst war. Wenn Fehler also auffallen, schadet es nichts, sie zu posten.
Wenn ich dahingegen an anderer Stelle Dinge lese wie „hat der Stegmann da rumgepfuscht?“ oder „kann man die Sch… Engelke nicht umbringen??“ frage ich mich schon, wie irgendjemand erwarten kann, dass wir diese Dinge ernst nehmen oder uns damit auseinandersetzen. Für das Internet, das durch seine Anonymität vieles erlaubt, sollte gelten, das man nichts so schreibt oder formuliert, wie man es jemandem nicht auch persönlich ins Gesicht sagen würde. Dann hat es auch eine Chance, gehört zu werden. Wir versuchen, den Fans mit Respekt zu begegnen und erwarten das auch andersherum. Wie gesagt, ich kann weder versprechen, dass ich alles lese, noch dass ich auf kritisierte oder geforderte Dinge eingehe, aber ich setze mich - soweit Zeit und Umstände es zulassen - mit den Meinungen auseinander und werde in meiner Arbeit darauf reagieren, falls ich es für angebracht halte.
Springfield-Shopper.de:
- Zu guter Letzt interessiert uns natürlich auch, ob Sie speziell den Springfield Shopper kennen und vielleicht noch ein kleines Grußwort schreiben könnten?
Matthias von Stegmann:
- Wie aus meinen Antworten bisher deutlich geworden sein dürfte, kenne und kannte ich den Springfield Shopper. Den Betreibern ein großes Kompliment für die gute Aufmachung und die Aktualität. Man sieht, dass Ihr die Simpsons im Herzen tragt.
Erfreulich ist auch, dass bis auf wenige Ausnahmen ein sehr fairer Ton im Board herrscht und man merkt, dass hier viele Leute schreiben, denen es wirklich um die Sache geht. Ich habe mir auch schon die ein oder andere wichtige Information auf Eurer Seite besorgt. Deswegen werde ich auch immer mal wieder vorbeischauen.Allen Fans viel Freude weiterhin mit den Simpsons und dem
Springfield Shopper!